Ein Netzwerk der Täuschung – Die Masche hinter identischen Dating-Portalen
Die Partnersuche im Internet ist alles andere als eine Neuheit. Es handelt sich mittlerweile um einen Milliardenmarkt, der weltweit aktiv ist und seit den 2010er Jahren stetig wächst. Jedes Jahr gehen hunderte neue Domains online, davon verschwindet ein Großteil zwar schnell wieder von der Bildfläche, aber ein kleiner Anteil dieser Seiten bleibt bestehen.
Mit so vielen neu angemeldeten Domains kann man annehmen, dass sich im Schnitt jeden Tag eine neue Dating-Plattform für eine bestimmte Zielgruppe bildet. Online-Dating bringt heutzutage sehr viele Vorzüge mit sich – man ist jederzeit erreichbar und kann sowohl unterwegs als auch bequem von zu Hause aus ein Date für die Nacht oder einen Partner fürs Leben finden.
Ein Überblick über den Datingmarkt

Immer mehr Nutzer suchen die digitale Lösung für die Partnersuche, was die Nachfrage immer weiter ansteigen lässt. Eine Senkung der Nachfrage gab es übrigens noch nie. Bei der großen Zahl neuer Portale ist es kaum vermeidbar, dass sich viele Webseiten stark ähneln. Dabei gibt es einige Plattformen, die von unterschiedlichen Betreibern stammen, die aber dieselbe Zielgruppe ansprechen sowie ähnliche Funktionen anbieten. Aber es gibt auch Betreiberfirmen, die beinahe täglich neue Webseiten erstellen, die zwar unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, sich aber im Grunde kaum unterscheiden. Die Partnersuche im Internet verspricht allgemein viele Vorteile, kommt aber ohne Risiken nicht aus.
Typische Risiken für Nutzer sind Zeitverlust, emotionale Täuschung durch Fake-Profile und unerwartete Kosten. Automatisierte Chats und manipulierte Profile erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer in Abofallen geraten. Während es einige seriöse Anbieter und Portale wie Parship, Be2, C-Date, DatingCafé, Ashley Madison sowie weitere sichere Webseiten für die LGBTQ+-Community gibt, sind auch viele unseriöse Betreiberfirmen am Markt aktiv. Das führt auch dazu, dass sich im stetig stärker werdenden Wettbewerb immer aggressivere Geschäftsmodelle bewähren. Diese unseriösen Betreiber haben ihren Firmensitz oft in Ländern mit lockeren Vorschriften für die Gründung eines Unternehmens sowie rechtlichen Schlupflöchern für die Maschen, die auf den Webseiten vorherrschen.
Viele Plattformen – eine Masche
Auf den ersten Blick kann es durchaus etwas undurchsichtig erscheinen, dass eine Firma immer wieder neue Webseiten erstellt, um nach neuen Kunden zu fischen. Doch bei genauerer Betrachtung sowie einem grundlegenden Verständnis des Online-Marktes macht diese Vorgehensweise durchaus Sinn. Die höchsten Kosten entstehen durch das Hosting – vor allem dann, wenn bereits große Datenbanken voller Fake-Profile vorhanden sind. Auf unseriösen Plattformen handelt es sich bei den meisten Profilen der Webseite im Mitgliederbereich um Fake-Profile, die vom Betreiber selbst generiert und mit Informationen gefüllt werden.
Die Domain-Registrierung gibt es für bestimmte Branchen bereits ab 5,00 Euro pro Jahr. Weitere Kosten fallen generell für das Design, das Layout, die Erstellung der rechtlichen Informationen sowie die Instandhaltung an. Doch diese Tätigkeiten fallen bei Betreiber von großen Netzwerken meist weg. Die Kosten für eine Klon-Webseite lassen sich auf unter 100 Euro einordnen. Viele Betreiber nutzen eigene Baukastensysteme, sodass mit nur einem Klick eine neue Webseite erstellt werden kann. Es wird eine Domain neu registriert, das Design sowie Layout werden eins zu eins kopiert, womit nur die Farben, Logos und Markennamen leicht abgeändert werden müssen.
Ein Dating-Netzwerk ist schnell erstellt
Die Inhalte, Werbemittel, Bilder, Profile sowie alle rechtlichen Angaben werden auf solchen Plattformen standardisiert und recycelt. Das spart natürlich Arbeit und somit viel Zeit und Geld. Deshalb können neue Plattformen innerhalb von wenigen Stunden erstellt werden und online gehen. Einige Betreiber bringen zum Teil mehrere Domains pro Woche auf den Markt. Ebenfalls zu erwähnen sind Affiliate-Partner, die ebenfalls eigene Domains hochziehen können. Große Netzwerke wie Paidwings AG, InterMaxGroup AG oder Meet Us Media LTD nutzen gezielt Affiliate-Systeme. Partner können eigene Portale starten, wodurch das Netzwerk noch größer und schwerer durchschaubar wird.
Die Dating-Portale solcher Unternehmen werden nicht individuell, sondern in Massenproduktion erstellt. Ein Affiliate-Unternehmen baut gleich ganze Pakete an Webseiten, die dann entweder selbst betrieben werden oder an andere Betreiber verkauft werden. So entsteht schnell ein großes Netzwerk an vielen identischen Seiten, die mit wenig Kosten und Aufwand eine breite Zielgruppe ansprechen. Das führt dazu, dass Nutzer nicht erkennen können, dass hinter vielen verschiedenen Webseiten ein und dieselbe Firma steckt.
Die komplexe Bewertung

Die einzelnen Bewertungen von Webseiten, die Teil eines Netzwerks sind, fallen meist negativ aus. An dieser Stelle ist auch eine durchaus paradoxe Entwicklung festzustellen. Für die Betreiber lohnt es sich, jede Woche neue Webseiten zu starten – auch wenn die Bewertungen meist schlecht ausfallen. Aber für die Vergleichsportale sowie den Verbraucherschutz kann die Auswertung vieler gleichklingender Portale negative Folgen haben. Die Betreiber von Netzwerken gründen immer wieder neue Webseiten, um die Sichtbarkeit bei Google und anderen Suchmaschinen zu erhöhen. Sie setzen voll und ganz auf Masse anstatt Klasse, außerdem sind die Webseiten sehr kurzlebig.
Diese Vorgehensweise erscheint zwar fraglich, doch der Erfolg ist gewaltig. Der Grund liegt im Google-Algorithmus, wobei Duplicate Content (SEO-Fachbegriff für doppelten Inhalt) in Testberichten dazu führt, dass Vergleichsportale abgewertet werden. Neuregistrierte Domains werden hingegen bevorzugt und erscheinen weiter oben im Ranking. Dadurch werden die Quellen für seriöse Angaben, vertrauenswürdigen Aussagen sowie nützlichen Informationen für Verbraucher weniger sichtbar. Die Betreiber von Dating-Netzwerken profitieren davon selbstverständlich, da ihre neuen Webseiten einerseits gut sichtbar sind und sich andererseits keine negativen Testberichte über die alten Plattformen einfach finden lassen.
Warum Testberichte ähnlich klingen
Um die Problematik beim Google-Ranking zu verstehen, müssen zwei Punkte beleuchtet werden. Denn die Testberichte ähneln sich lediglich aufgrund von zwei Faktoren. Zum einen basieren die Testberichte von Vergleichsportalen auf vorgegebenen Inhalten sowie Standards, die getestet werden. Dabei geht es beispielsweise um den ersten Eindruck, die Zielgruppe, das Design, die Handhabung, die Struktur im Mitgliederbereich, die Qualität der Profile, die Kosten, das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie ein Fazit. Das bedeutet, dass die einzelnen Testberichte bereits eine vorgegebene Struktur haben, die sich natürlich ähnelt. Zum anderen kommt es bei der Bewertung von Plattformen, die Teil eines unseriösen Dating-Netzwerks sind, zu einer Problematik.
Die Struktur solcher Dating-Portale ist ebenfalls stark standardisiert. Die gleichen Informationen auf der Startseite, dieselben Funktionen und sogar die Profile im Mitgliederbereich sind dieselben. Ebenfalls identisch sind die rechtlichen Angaben, die AGB, das Impressum und die Datenschutzerklärung. Dadurch wirken selbst eindeutige Beweise, wie identische AGB-Zitate, nur wie schlechte Kopien. Vergleichsportale müssen aber immer wieder dieselben Fakten wiedergeben. Deshalb wirken die Testberichte, welche individuell angefertigt werden, wie Duplikate und bergen die Gefahr, vom Google-Algorithmus im Ranking zurückgestuft zu werden.
Auswirkungen auf Vergleichsportale
Die Auswirkungen solcher Dating-Netzwerke sind negativ. Zum einen sind die Informationsquellen im Internet, welche seriöse und vertrauenswürdige Informationen bereitstellen, weniger sichtbar. Zum anderen ist auch der Verbraucherschutz im Internet kaum gegeben. Das automatisierte System im Internet belohnt neue Webseiten, während seriöse Quellen abgewertet werden. Diese Funktionsweise führt in diesem Fall dazu, dass viele ahnungslose Nutzer schlussendlich auf einer unzufriedenstellenden oder gar risikoreichen Plattform enden.
Die Vergleichsportale haben kaum eine andere Wahl als immer wieder fast identische Webseiten in Form eines identischen Testberichts zu bewerten. Die Inhalte sowie Kernaussagen wiederholen sich und Google straft das mit niedriger Sichtbarkeit ab. Seriöse Informationen gehen somit immer weiter verloren. Potenzielle Opfer stoßen leichter auf Fake-Webseiten als auf kritische Berichte über diese Betreiber.
Beispiele von Firmen & Netzwerken

Die Paidwings AG, welche ihren Sitz in Cham, Schweiz hat, betreibt beispielsweise mehrere hunderte Klon-Webseiten, welche sich kaum unterscheiden. Auf den Startseiten dieser Plattformen gibt es meist nur ein neues Bild sowie einen andersformulierten Werbeslogan zu sehen. Das Fenster für die Anmeldung, der gesamte Registrierungsprozess, die Kosten sowie der Mitgliederbereich samt allen Funktionen und Profilen sind dann aber absolut identisch.
Ebenfalls nennenswert ist die InterMaxGroup AG, welche ihren Sitz in der Schweiz hat. Während sich das Unternehmen auf der Firmenwebseite als seriöser Affiliate- und Reseller-Anbieter für mobile Lösungen und White-Label-Services präsentiert, liegt der eigentliche strategische Ansatz auf der Verdichtung von Partnernetzwerken. Ebenfalls im Fokus steht die Lieferung von kompletten Templates für Dating-Portale in Serie. Das Unternehmen betreibt viele Tochterfirmen, welche auf den vielen verschiedenen Webseiten als Betreiber aufgelistet werden. Somit geben die Webseiten den Schein ab, von unterschiedlichen Firmen betrieben zu werden.
Die üblichen Maschen entlarven
Es ist nicht einfach, sich im Online-Dating-Dschungel zu behaupten und festzustellen, welche Firma welche Portale betreibt und wie gut oder gar sicher diese letztendlich sind. Allerdings gibt es ein paar handfeste Kriterien, an denen man eine sichere Webseite ausmachen kann. Es ist unerlässlich, einen Blick in die AGB sowie das Impressum zu werfen. Vor der Anmeldung auf einer Plattform sollte in jedem Fall die Reputation des Betreibers und der jeweiligen Webseite gecheckt werden. Selbstverständlich sollten dabei möglichst viele Quellen zum Einsatz kommen.
Erfahrungsberichte von Kunden, Testberichte, Vergleiche und Bewertungen im Internet geben eine gewisse Auskunft über eine Plattform. An dieser Stelle kann auch erwähnt werden, dass das Fehlen von Informationen ebenfalls einen Aufschluss gibt. Doch zumindest in dem Fall von Unternehmen, die große Dating-Netzwerke betreiben, kann man davon ausgehen, dass sich Informationen im Internet finden lassen.
Wenig Vielfalt
Ein Blick in die Welt des Online-Datings offenbart eine unglaubliche Auswahl – der Eindruck von Vielfalt erweist sich als eine Täuschung. Seriöse Informationen werden aufgrund von automatisierten Vorgängen durch Algorithmen verdrängt, was den Betreibern von unseriösen Webseiten gleich in mehreren Aspekten in die Hände spielt. Neue Webseiten werden belohnt, während Vergleichsportale für immer wieder gleiche Testberichte abgestraft werden. Um Nutzer vor diesen Gefahren zu warnen, ist es uns jedoch dennoch ein wichtiges Anliegen, möglichst viele der relevanten Domains der Netzwerke abzudecken, um zur Transparenz und Sicherheit beizutragen.